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§ 70 und § 71 UrhG: Schutz von wissenschaftlichen Ausgaben und Editiones principes (Erstausgaben)

Lange Zeit waren die Ergebnisse dessen, was Musikwissenschaftler mit hervorragender Fach- und Sachkenntnis nach intensiver Forschung als Originalfassung oder als eine dem Original sehr nahekommende Fassung eines Werkes erarbeitet hatten, außerhalb des Urheberrechts angesiedelt, somit ungeschützt und frei von jedermann nutzbar.

Urheberrechtlich relevant waren lediglich die eigenschöpferische Bearbeitung – also etwa Arrangements, Komplettierungen etc. – und natürlich textkritische Anmerkungen zu den Ausgaben, meist "Kritischer Bericht" genannt. Geschützt war damit also nur die Aufzeichnung des editorischen Weges bis hin zum Arbeitsergebnis, jedoch nicht das Ergebnis selbst.

Aus diesem Grund suchten Persönlichkeiten der Musikwissenschaft nach geeigneten Wegen, den Gesetzgeber von einem angemessenen Schutz des geistigen Eigentums an wissenschaftlichen Editionen zu überzeugen. Ergebnis dieser Bemühungen war die Aufnahme des § 70 UrhG in das neue Urheberrechtsgesetz 1965. Gleichzeitig schuf der Gesetzgeber den Schutz der "Ausgaben nachgelassener Werke" (§ 71 UrhG, Editio Princeps) als Ausgleich für eine besondere Herausgeberleistung für bisher unbekannte, d.h. unveröffentlichte Originalwerke – jedoch ohne das Erfordernis wissenschaftlicher Sichtung.

Die Wahrnehmung und Verwaltung der beiden immateriellen Rechtsgüter nach den §§ 70 und 71 UrhG erfolgt für zahlreiche praktisch relevante Verwertungsarten durch die VG Musikedition.