Von Sonne, Mond und Sternen - Aufregung um das Kopieren von Noten

19.11.2010

Anlässlich des diesjährigen Sankt-Martinstages berichteten zahlreiche Medien über Gebühren, die in Kindergärten auf Fotokopien von Musikwerken erhoben werden. Sowohl die GEMA wie auch die VG Musikedition fanden in diesem Zusammenhang regelmäßig Erwähnung. Leider war die Berichterstattung in vielen Fällen von Fehlinformationen geprägt, offenbarte ein gewisses Unverständnis dafür, warum Kindergärten überhaupt für Notenkopien zahlen sollten und ließ somit ein grundsätzliches Bewusstsein für die Leistungen musikalischer Urheber vermissen.

Nicht nur von traditionellen Bräuchen wie dem Martinssingen oder Laternenumzügen wurde der diesjährige Sankt-Martinstag begleitet, sondern auch von einem heftigen Rauschen im Blätterwald. Tageszeitungen, Blogs und Internetdienste berichteten über die bevorstehenden Martinsfeiern und griffen in diesem Zusammenhang auch die Vergütungspflicht für Notenkopien in Kindergärten auf. Gegenüber der GEMA, die vielerorts als Verantwortliche für die Forderungen ausgemacht wurde, bezog man deutlich Stellung: So hieß es beispielsweise, die GEMA „kassiere bei Martinsumzügen ab“ (taz.de), und an mancher Stelle war gar von „Abzocke“ (rp-online.de) die Rede. Die GEMA, so der allgemeine Konsens, versuche sich auf Kosten des Nachwuchses und dessen musikalischer Erziehung zu bereichern.

Eine Einschätzung, die so nicht stehen bleiben darf – und die sich rasch entkräften lässt. Denn tatsächlich handelt es sich bei den Themen „Martinsumzüge“ und „Notenkopien in Kindergärten“ um zwei voneinander vollkommen unabhängige Sachverhalte. Richtig ist, dass die GEMA für Lizenzierungen immer dann zuständig ist, wenn eine öffentliche Musiknutzung stattfindet. Ob nun im Rahmen eines Konzerts, beim Karneval, einer Betriebsfeier oder bei einer anderen Aufführung, spielt erst einmal keine Rolle.
Nun kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass im Vorfeld eines Martinsumzuges geschützte Noten oder Liedtexte kopiert wurden, doch selbst in diesem Fall hat die GEMA nur bedingt etwas mit den fälligen Vergütungen zu tun. Denn die Rechte für das Kopieren von Noten und Liedtexten liegen bei der von den jeweiligen Verlagen beauftragten VG Musikedition, die von der GEMA als Dienstleister unterstützt wird.

Dass das Kopieren von Noten und Liedtexten kostenpflichtig ist, hat wiederum weder die VG Musikedition noch die GEMA entschieden, sondern der Gesetzgeber: Grundsätzlich besteht in Deutschland nach dem Urheberrechtsgesetz ein Kopierverbot für Werke der Musik – und das nicht erst seit wenigen Monaten, sondern schon seit Jahrzehnten. „Musikwerke einfach zu kopieren ist schon seit der Urheberrechtsnovelle des Jahres 1985 nicht mehr zulässig“, so Christian Krauß, Geschäftsführer der VG Musikedition. Theoretisch hätten Kindergärten also seit langer Zeit jeden Komponisten bzw. Verlag einzeln um Erlaubnis für die Vervielfältigung seiner Werke bitten müssen. Im Grunde erleichtern VG Musikedition und GEMA den Kindergärten also nicht nur die musikalische Erziehung, sondern bieten auch eine signifikante Kostenersparnis: Denn da Noten aufgrund der Gesetzeslage nicht kopiert werden dürfen, müssten die vorschulischen Bildungseinrichtungen eigentlich auf die Anschaffung kompletter Liederbücher ausweichen.

Auch die Tarifgestaltung wägt sorgsam zwischen den Interessen der Urheber und dem Bildungsauftrag der Kindergärten ab. So beträgt der Vergütungssatz für bis zu 500 Kopien 56 Euro im Jahr, für kirchliche oder kommunale Kindergärten gilt mit 44,80 Euro sogar noch ein Gesamtvertragsrabatt.
Und natürlich wird auch niemand zum Abschluss eines Vertrages gezwungen. Wer auf die Herstellung lizenzpflichtiger Kopien verzichtet, muss selbstverständlich auch nichts zahlen.


Quelle: GEMA-Newsletter 11/2010